Stellungnahme der GEW Studis Brandenburg zum Gespräch von Yasmin Fahimi mit der dpa am 29.12.2022

Potsdam | 30. Dezember 2022

Mit Irritation haben wir die in der Presse zirkulierten Äußerungen der DGB-Vorsitzenden Yasmin Fahimi zur Kenntnis genommen. Bezugnehmend auf die sogenannte Energiepreisbremse spricht sich Fahimi dagegen aus, die Auszahlung von Dividenden und Boni für Unternehmen zu verbieten, welche staatliche Energiesubventionen erhalten. Dieser Beschluss gefährde den deutschen Industriestandort und verstärke den Prozess der Deindustrialisierung. Jetzt sei, so Fahimi, „nicht die Zeit für kapitalismuskritische Grundsatzdebatten, sondern für effektives Handeln in der Realität.“

Als Studierende in der GEW in Brandenburg stehen wir sowohl für kritische Grundsatzdebatten als auch für effektives Handeln in der Krise. In Krisenzeiten staatliche Beschränkungen der Industrie im Namen vermeintlich allgemeiner Interessen abzulehnen, war jedoch jahrzehntelang eine bekannte Argumentationslinie der Arbeitgeberverbände. Dass die DGB-Vorsitzende nun bereits ein Verbot von Bonuszahlungen – 2009 im Kontext der Bankenrettungen noch eine unbestrittene DGB-Position – für illegitim erklärt, halten wir für symptomatisch für eine bedauernswerte Koordinatenverschiebung in der deutschen Gewerkschaftspolitik. Kapitalismuskritik erschöpft sich für uns nicht in Debatten um Managergehälter. Nicht die Boni-Zahlungen der Führungsriege, sondern die Interessen der abhängig Beschäftigten sollten im Zentrum der DGB-Politik stehen.

Wir sehen die Aufgabe der Gewerkschaften und des DGB darin, möglichst schnell gemeinsam mit den Beschäftigten zukunftsfähige Konzepte der Arbeit für die ökologisch-ökonomische Transformation zu entwickeln und durchzusetzen. Außerdem müssen wir den Fuß in die Tür der neueren Branchen bekommen und die Berufe am Menschen, wie in der Bildung oder Gesundheitsversorgung, stärken. Sich stattdessen den Rufen nach Marktliberalisierung, Standortkonkurrenz und einer Stärkung des Finanzmarktes anzuschließen, finden wir verheerend und falsch.